Rennsport

Der Anfang

Im Jahre 1951 begann der Ausweisfahrer Gerhard Jung aus Zella-Mehlis mit Versuchen, eine Serie AWO zu frisieren. Im Winter 1951/52 wurden dann im AWO Werk in Suhl von der Versuchsabteilung zwei Rennmaschinen hergestellt. Man verwendete besonders bearbeitete Teile der Serienmaschinen. Der erste Renneinsatz erfolgte 1952 mit recht überzeugenden Ergebnissen.

Die Entwicklung konnte beginnen

Im Mai 1952 wurden die ersten 15 Rennawos gebaut. Diese wurden dann an DDR-Spitzenfahrer der Lizenz- und Ausweisklasse verteilt. In der kommenden Zeit wurde an drei weiteren AWO getestet und probiert.
In der Rennsaison 1952 hinterließen die AWO einen guten Eindruck im Renngeschehen. Allerdings hatten sie gegen Fahrer aus der BRD wie Prikker (Moto-Guzzi), Kläger (NSU) oder Kluge (DKW) wenig Chancen und daher war auch kein Sieg möglich. Die durch die Rennen gewonnen Erfahrungen kamen aber nicht nur der Werksmannschaft zu gute, sondern auch den Privatfahrern.
Im Winter 1953/54 ruhte die Weiterentwicklung nicht. Man hatte alle Hände voll zu tun, um die Werksmaschinen für die Saison 1954 Siegfähig zu machen. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Werksmannschaft unter anderem aus Fahrern wie Karl-Heinz Krichner, Werner Rosenhan, Max Byczkowski, Rudi Juhrisch oder Hans-Joachim Scheel.
Ab 1954 gab es wesentliche Verbesserungen gegenüber den Vorjahren. Es kam ein vollgekapselter Stoßstangenmotor, mit einem quadratischen Hub/Bohrungsverhältnis von 68x68mm und einer Verdichtung von 10:1, zum Einsatz. Dadurch konnte eine Leistung von 26PS bei einer Drehzahl von 7500U/min. erreicht werden. Je nach Rennstrecke kamen entweder ein IFA-Flachschiebervergaser mit einem Durchlass von 27mm oder 30mm zum Einsatz. Der V-förmige Zylinderkopf erlangte besondere Bearbeitung. Der Auslasskanal erhielt eine Neigung von 17Grad. Der Ventilteller des Einlassventiles hatte einen Durchmesser von 38mm. Die besondere Formgebung des Einlassventiltellers ergab günstige Strömungsverhältnisse im Ansaugkanal. Nur dadurch war eine gute Zylinderfüllung möglich. Ein schrägliegender Einlasskanal bedingt die Verwendung einer etwas anders gewickelten Ventilfeder beziehungsweise einer höheren Federspannung. Der Tellerdurchmesser des Auslassventiles betrug 36mm. Das hier verwendete Material war reines Serienmaterial, allerdings wurde es erleichtert. Es wurden ebenfalls die Kipphebel, das Pleuel und auch der Spezialkolben erleichtert. Der Rennkolben hatte zwei 2mm Kolbenringe und einen Ölabstreifring. Ebenso wurde eine vergrösserte Ölwanne verbaut. Die Kipphebel wurden mit einer zusätzlichen aussenliegenden Ölleitung mit Öl versorgt. Das T-förmige Pleuel aus VC 135 Material wog nur 255gr. Dadurch wurde es ermöglicht, kleinere Gegengewichte an der Kurbelwelle zu verbauen. Der Auspuff wurde im Gegensatz zur Serien-AWO auf der linken Seite verlegt. Die Auspufftüte wurde von 36mm auf 85mm vegrößert. Der Durchmesser der Auspufftütenblende betrug 60mm. Das angeblockte Fünfgang-Getriebe mit den entsprechenden Abstufungen und Drehzahlmesser, erlaubte es den Fahrern, je nach Rennstrecke, den Motor immer im optimalen Drehzahlbereich zu halten. Ab 1954 kam auch eine neu konstruierte 90mm hydraulische Hinterradfederung zum Einsatz. Es konnte dadurch eine bessere Strassenlage erreicht werden. Der Radstand betrug nun 1350mm. Zur besseren Gewichtsverteilung wurden die 36-Loch-Vollhorn-Felgen sehr sorgfältig ausgebohrt. Wie auch bei den Serienmaschinen kam eine Bereifung aus Riesa, mit den Größen vorn 2,50×19 und hinten 3,00 oder 3,25×19, zum Einsatz. Die Zweimetall-Vollnabenbremsen mit 180mm Durchmesser und einer Belagbreite von 35mm sorgten für eine ausgezeichnete Verzögerung. Der Kraftstoffbehälter mit schmaler Knieschlusspartie fasste 17 Liter. Das Gesamtgewicht betrug nun 125kg. Die seit Anfang 1954 eingesetzte Bug-Teilverkleidung wurde zum Ende des Jahres durch eine Vollverkleidung ersetzt. Dadurch konnte eine Höchstgeschwindigkeit von 175km/h erreicht werden.
Mittlerweile hatten die AWO Fahrer, Rudi Juhrisch und Hans-Joachim Scheel, zweimal hintereinander die DDR-Meisterschaft gewonnen.

Der Umbruch

Es entstanden immer mehr wachsenden politischen Kontroverse zur Politik. Dies war sicherlich auch ein Grund, warum Michael Heise 1955 die DDR verließ.
Ab Mai 1955 übernahme Ewald Dähn die Leitung des Rennkollektives. Für die Suhler Techniker um Werner Strauch stand aber fest, das die Zukunft nur in einem obengesteuerten Zylinderkopf, mit obenliegenden Nockenwellen, die wiederrum über eine im Dreieck laufende Kette angetrieben wurden, liegen würde.
Nach Bildung eines neuen Rennkollektives, hatte man begonnen, eine echte Rennawo zu bauen. Allerdings hatte die mit der Serienmaschine nichts mehr gemeinsam. Die Techniker arbeiteten rund um die Uhr an dem neuen Rennfahrzeug.

Es enstand die AWO RS 250/4. Diese hatte einen DOHC Motor, wahlweise mit 4 oder 5 Gängen und einem Kardanantrieb. Die Leistung betrug 30PS bei einer Drehzahl von 9200 U/min. Laut den Unterlagen von Herrn Dähn gabe allerdings nur 10 Exemplare. Davon wurden in den Jahren 1955-1957 drei Werksmaschinen mit Werksschwingenrahmen gebaut. Es soll auch 2 bis 3 Maschinen mit AWO-Sport Rahmen gebaut wurden sein, die dann später von Privatfahrern genutzt wurden.

Im Jahre 1957 wurden 2 weitere DOHC Motoren mit Kette und 6-Gang Getriebe gebaut. Die Bezeichnung lautete RS250/5. In dieser Ausführung kamen sie zum ersten Mal im September 1957, beim Rennen in Bernau, unter Walter Koch, zum Einsatz.
In den Jahren 1958 und 1959 wurde Helmut Weber, mit dieser Version, zweimal DDR-Vizemeister.
Es gab auch eine weitere Ausbaustufe der RS 250/5 mit DOHC und Zahnradkaskade, einem 6-Gang Getriebe und Kettenantrieb. Es soll aber nur 1 Stück davon gebaut wurden sein. Diese Ausführung könnte 1959, unter Hans Weinert, wenige Male zum Einsatz gekommen sein.

Eine weitere sehr erfolgreiche Entwicklungsstufe erfolgte 1958-1959. Die RS250/6 hatte einen Zweizylinder DOHC mit Kette und 6-Gang Getriebe. Allerdings wurden auch hier nur 2 Stück gebaut.
Die Bohrung betrug 56mm, der Hub 50,6mm, was einen Hubraum von 249ccm ergab. Das Verdichtungsverhältnis lag bei 12:1. Die beiden Kurbelwellen wurden im Mittelstück des Motorgehäuses durch ein Kupplungsstück verbunden. Zylinder, Zylinderkopf und Nockengehäuse waren geteilt untergebracht. Lediglich die Nockenwellen waren über eine Oldham-Kupplung verbunden. Daher konnte auf dem Prüfstand immer nur ein Zylinder getestet werden.
Das beiden Ventile, das Einlassventil mit 34mm und das Auslassventil mit 30mm, besaßen Haarnadelfedern und wurden über einen Schlepphebel betätigt. Das jeweilge Ventil wurde über eine Stahlkugel mit abgeschliffener Fläche in der Kugelpfanne des Schlepphebels betätigt. Anfangs wurden die obenliegenden Nockenwellen durch eine Kette angetrieben. Später gab es auch Versuche, den Einlassnocken über eine Königswelle und von dort aus über Stirnräder den Auslassnocken zu betätigen. Zum Ende der Entwicklungszeit wurde auch mit einer Ventilzwangssteuerung experimentiert. Dabei entfallen die Ventilfedern. Das jeweilige Ventil wird von einem Rückholnocken und einem entsprechenden Hebel zurückbewegt. Leider konnten diese Versuche nicht beendet werden.
Das Sechsganggetriebe war auch wie beim Einzylindermotor angeflanscht.Der beim Einzylinder auf der Kurbelwelle sitzende Antriebsstoßdämpfer wurde beim Zweizylindermodell in Form einer Gummidämpfereinheit im Hinterrad angeordnet. Die beiden Vergaser hatten einen Durchlass von 25,5mm. Die Leistung lag zuletzt bei 35PS bei 10200 U/min.
Zum Einsatz kamen die Motoren ebenfalls unter Hans Weinert, wodurch er zweimal den DDR-Meistertitel erringen konnte. Beide Motoren wurde später verschrottet.

Eine weitere Entwicklungsstufe erfolgte 1959 mit der RS350/7. Diese besaß einen DOHC mit Kette, einem 6-Gang Getriebe, sowie einem Kettenantrieb. Die Leistung betrug 40PS bei 8200 U/min. Das Verdichtungsverhältnis lag bei 10:1. Die Bohrung und der Hub waren mit 76mm angegeben. Diese Version wurde Mitte 1959 von Helmut Weber gefahren. Das Motorrad erziehlte 1959 in der 500er Klasse in Brno einen respektablen 9.Platz.

Das Ende des Strassenrennsportes in Suhl

Ab 1960 beteiligte sich Simson nicht mehr am Strassenrennsport und somit auch nicht mehr an der weiteren Entwicklung der AWO RS. Alle Privatfahrer wurde aber bis Mitte der 60er Jahre, weiterhin mit Ersatzteilen und Unterlagen versorgt.